Verlust der Heimat

Wir haben Angst unsere Heimat und unsere Identität durch das sog. „Maritim-Touristische Gewerbegebiet auf Pütnitz“ zu verlieren.
Was macht unsere Heimat aus? Es sind die noch intakte Natur, die vielfältige Tierwelt, die Ruhe und die Menschen, die bodenständig, solidarisch und verlässlich sind.

Wir sind damit groß geworden in einer touristischen Gegend zu leben. In den letzten Jahren ist jedoch das Gleichgewicht zwischen dem Tourismus einerseits und unserem Leben als Einheimische andererseits aus dem Gleichgewicht geraten. Durch das sog. „Maritim-Touristische Gewerbegebiet auf Pütnitz“ würde der Massentourismus endgültig die Oberhand gewinnen und unsere Heimat – wie wir sie kennen – zerstören. Was das bedeutet, soll folgendes Szenario darstellen. Es ist das Jahr 2035 und wir schauen zurück auf die Entwicklung unserer Heimat in den letzten 14 Jahren seit 2021:

Trotz vieler Diskussionen und erheblicher Proteste der Einwohner beschlossen Ende 2022 die Stadtverordneten von Ribnitz-Damgarten den Bau des „Maritim-Touristischen Gewerbegebietes auf Pütnitz“. Bereits in der darauffolgenden Woche verkaufte Ribnitz-Damgarten das Kerngebiet der Halbinsel Pütnitz von 108 ha an Center Parcs. Unmittelbar danach begann Center Parcs mit dem Verkauf einzelner Ferienhäuser an Investoren. Damit konnte die drohende Zahlungsunfähigkeit von Center Parcs für die nächsten Jahre abgewendet werden.

In 2023 begannen dann die Räumungs- und Bauarbeiten. Die Baustraße wurde aufgrund langfristiger Planungsvorläufe nicht fertig, so dass die vorhandene Straße mitten durch Damgarten genutzt wurde. Die Einwohner von Damgarten liefen Sturm gegen die ewigen LKW-Kolonnen, die nun jahrelang Tag und Nacht mitten durch Ihren Ort rollten. Sie hatten sich auf den Bürgermeister verlassen, der eine Baustraße bis zum Beginn der Bauarbeiten fertigstellen wollte. Der Bürgermeister ließ ausrichten (persönlich kam er nicht mehr nach Damgarten), dass er die Baustraße nicht garantiert hatte und das Raumordnungsverfahren von 2016 eine Verkehrslastbewältigung mitten durch Damgarten vorgesehen hatte. Nachdem es 2021 noch unterschiedliche Meinungen zum „Maritim-Touristische Gewerbegebiete auf Pütnitz“ bei den Damgartnern gegeben hatte, waren seit Beginn der Bauarbeiten alle Damgartner entschlossen gegen das Projekt. Der Verkehrslärm und die Verkehrsbelastung waren für viele unerträglich. Es gab Unterschriftensammlungen und Straßenblockaden. Die Polizei räumte die Blockaden. Es gab Festnahmen und Verurteilungen wegen Nötigung und gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr. Die Gerichte entschieden – juristisch korrekt – stets im Sinne der Investoren und der Stadtverwaltung. Hauptargument der Gerichte war, dass mit der Entscheidung der Stadtverordneten 2022 Baurecht geschaffen wurde. Die Bürger hätten sich gegen das Maritim-Touristischen Gewerbegebietes auf Pütnitz bis zum Beschluss der Stadtverordneten 2022 wehren müssen. Danach war es zu spät dafür.

Ende 2024 teilt der Bürgermeister mit, dass ebenfalls die Umgehungsstraße wegen Planungsverzögerungen nicht zum Beginn des Betriebs des Center Parcs fertig wird. Alle Autofahrten der ca. 800.000 Touristen p.a. werden ab 2026 durch Damgarten geführt. Daraufhin wandelt sich die Wut der Damgartner in Resignation. Wer kann verlässt den Ortsteil und verkauft sein Haus. Die Preise für Immobilien brechen zusammen. Nachdem es zu Unfällen mit Fußgängern und LKW in der Barther Straße kommt, heißt das Zentrum von Damgarten bei den Einheimischen nur noch Todeszone.

Mit der Eröffnung des „Maritim-Touristischen Gewerbegebietes auf Pütnitz“ in 2026 verändert sich vieles in der Region.

  • Durch die hunderttausenden zusätzlichen Touristen  verlor Fischland Darß ab 2027 seine Attraktivität für Touristen, die Ruhe und Natur suchen. Urlauber, die bisher in Ribnitz, Körkwitz, Dierhagen und Wustrow ihren Urlaub verbrachten, kommen nicht mehr. Sie sind nur noch genervt von den vielen Touristen, die schon ab 08.00 alle Parkplätze belegen und vom Lärm, der rund um die Uhr vom Touristen-Zentrum auf Pütnitz“ über den Bodden auf die Orte niedergeht.
  • Die Stadt Ribnitz-Damgarten kam ab 2028 in große finanzielle Schwierigkeiten. Die Stadt hat sich gegenüber Center Parcs vertraglich verpflichtet, die Infrastruktur bereitzustellen. Ungeplante Millionenausgaben entstehen, weil das Klärwerk in Körkwitz die Unmengen von Abwasser der Touristen nicht mehr aufnehmen konnte und erneuert werden musste. Auch die Versorgung mit ausreichendem Trinkwasser kostete Millionen. Weiterhin sank die Gewerbesteuer dramatisch. Das „Maritim-Touristische Gewerbegebiet auf Pütnitz“ zog Arbeitskräfte aus anderen Betrieben ab, die wiederum ihren Geschäftsbetrieb nicht bzw. nicht im bisherigen Maße aufrechterhalten konnten. Center Parcs dagegen zahlte seit der Eröffnung – mangels Gewinn – in keinem Jahr eine Gewerbesteuer.
  • Die finanzielle Misere spürten alle Einwohner von Ribnitz-Damgarten ab 2028. Die Boddentherme musste schließen, weil das Defizit nicht länger von der Stadt getragen werden konnte. Die Gebühren für Wasser, Abwasser und Müll stiegen auf ein Rekordniveau. Der Unmut der Bürger steigerte sich so sehr, dass dem Bürgermeister und den Stadtverordneten eine Abwahl drohte. Um dem zu entgehen und zumindest die kurzfristigen Verbindlichkeiten der Stadt bedienen zu können, beschlossen die Stadtverordneten 2029 eine massive Ausweitung des „Maritim-Touristischen Gewerbegebietes auf Pütnitz“. Die bisherige Fläche von rd. 200 Hektar wurde um weitere 200 Hektar erweitert und an Investoren verkauft, um kurzfristig finanziellen Spielraum zu gewinnen. Eine weitere touristische Infrastruktur mit weiteren 3.500 Betten entsteht. Der Bürgermeister rechtfertigt die Ausweitung damit, dass der ursprüngliche Ansatz im Raumordnungsverfahren von 2016 sogar eine Kapazität von 7.000 Betten vorgesehen hatte. Problematisch wurde allerdings die Auslastung der großen Bettenanzahl, da sich mittlerweile in ganz Deutschland herumgesprochen hatte, dass es in Ribnitz-Damgarten und Fischland / Darß neben den vielen Touristen keinen Platz mehr für die Natur gab und Ruhe nicht zu erwarten war.
  • Vor diesem Hintergrund ändert das Touristen-Zentrum ab 2032 seine Strategie und setzte zunehmend auf preisbewusste Kunden. Hauptzielgruppen waren nunmehr Reisende, die vor allem Spaß, Aktion und Feiern mögen sowie ausländische Gäste, die sich keinen Urlaub in den traditionellen Ostseebädern leisten konnten. Noch vor Verkündung der neuen Strategie verkaufte Center Parcs seine letzten Ferienhäuser auf Pütnitz an internationale Investoren. Außerdem beendete Center Parcs seinen Betreibervertrag für das Touristen-Zentrum auf Pütnitz. Zur Begründung führt Center Parcs aus, dass die Entwicklung des Touristen-Zentrums von erheblichen Problemen hinsichtlich Natur und Verkehr gekennzeichnet ist, die nicht in die eigene Strategie eines qualitativ hochwertigen und hochpreisigen Familienurlaubs passte.
  • Heute im Jahr 2035 hat sich Ribnitz-Damgarten mit dem Image als Billig-Region an der Ostseeküste abgefunden. Die Gäste sind zufrieden, weil das „Maritim-Touristische Gewerbegebiet auf Pütnitz“ als deutsches Gegenstück zum Ballermann auf Mallorca gilt. Die Menschen aus der Region haben sich dagegen nicht mit dem Negativ-Image abgefunden. Wer kann – und das sind vor allem die Jugendlichen – zieht schnellstmöglich weg. Ihre regionale Herkunft versuchen sie zu verheimlichen. Denn sie wollen nicht in Verbindung gesetzt werden, wofür die Entwicklung von Ribnitz Damgarten in den letzten 15 Jahren in ganz Deutschland steht: zügelloser Massentourismus, Zerstörung der Umwelt und Verlust der Heimat.