Absichtserklärung bringt Ribnitz-Damgarten in finanzielle Existenznot. Bürgerinitiative stellt Strafanzeige

Der Bürgermeister und der Leiter Bauamt verraten mit dem sog. Memorandum of Understanding die Interessen der Bürgerinnen und Bürger und gehen finanzielle Verpflichtungen und Risiken ein, die für Ribnitz-Damgarten existenzbedrohend sind. 

  1. Skandalös niedriger Verkaufspreis

Unsere Bürgerinitiative hat durch die Veröffentlichung des sog. Memorandum of Understanding bereits aufgedeckt, dass die Stadt das wertvollste Grundstück in Ihrem Eigentum für einen skandalös niedrigen Preis verkauft. Aufgrund der Geheimniskrämerei des Rathauses bzgl. des Kaufpreises haben wir selbst recherchiert und sind auf der Grundlage der uns zur Verfügung stehenden Informationen zu einem Kaufpreis von 2,50 EUR pro qm gekommen. Aufgrund unserer Recherchen sah sich die Stadt und Center Parcs gezwungen, am 11.1.2022 über die Ostseezeitung (OZ) mitzuteilen, dass der Kaufpreis im unteren achtstelligen Bereich liegt. Bei einem Verkaufspreis von 10 Mio EUR für 107 ha Land würde der Preis 9,34 EUR / m2 betragen, bei einem Verkaufspreis von 15 Mio EUR bei einem Preis von 14,02 EUR. 

Wie die OZ unter Berufung auf die Stadt Ribnitz-Damgarten in einem anderen Betrag ebenfalls am 11.01.2022 berichtete, liegen die Verkaufspreise für Grundstücke zum Eigenheimbau in Ribnitz-Damgarten bei etwa 120 EUR pro m2 und die Verwaltung führt aus, dass sie das Minimum bei Ausschreibungen bei 100 EUR / qm sieht. 

Von daher steht nunmehr fest, dass die Stadt das Grundstück an Center Parcs zu einem Preis verkauft, der etwa 80 – 90% unterhalb des Preises liegt, den der normale Bürger zu zahlen hat. 

2. Der (Taschenspieler) Trick mit dem Verkehrswert 

Die Stadt verweist zur Rechtfertigung des geringen Kaufpreises auf das Verkehrswertgutachten eines Sachverständigen, das den Wert für das Grundstück in dieser geringen Höhe bewertet hat. Der Grund dafür ist ein alter Trick: das Gutachten hat den Wert des Grundstücks zum Stichtag 29.09.2020 bewertet (siehe Absichtserklärung). Zu diesem Zeitpunkt war das Grundstück noch nicht Bauland sondern Grün- oder Gartenland.

Die Stadt hat sich in der Absichtserklärung verpflichtet, das Grundstück zu Bauland zu entwickeln. Dies soll etwa 2024 geschehen. In dem Moment, in dem das Grundstück zu Bauland wird, steigt sein Wert auf ein Niveau, das dem Preis entspricht, den ein Bürger bezahlen muss, also auf etwa 120 EUR pro m2. (Stand 2022). Damit kauft Center Parcs in 2022 ein Grundstück für etwa 10 – 15 Mio EUR, das nach der Entwicklung in Bauland (wozu sich die Stadt in der Absichtserklärung verpflichtet hat), einen Wert von etwa 130 Mio EUR haben wird (1.070.000 m2 x 120 EUR / qm). 

3. Der Normalfall – Abwälzung der Erschließungs- und Planungskosten auf Investor

Die Wertsteigerung des Grundstücks durch die Umwandlung in Bauland stehen erhebliche Kosten gegenüber, die sich aus der Baulandentwicklung ergeben: Dazu gehören etwa Planungskosten, Erschließungskosten, umweltbezogene Kompensationsmaßnahmen und Kosten für soziale Infrastruktur. Um zu vermeiden, dass diese Kosten die Allgemeinheit trägt, und die Wertsteigerung des Bodens allein dem Investor zu Gute kommt, ist es ein Leitgedanke des deutschen Bauplanungsrechts, dass diese Kosten auf den Investor abgewälzt werden. Dazu gibt es in § 11 BauGB eine spezielle gesetzliche Vorschrift. 

4. Die Regelung in der Absichtserklärung – Ribnitz Damgarten zahlt alle Kosten

Die Absichtserklärung mit Center Parcs sieht aber überraschenderweise vor, dass die Stadt Ribnitz-Damgarten die oben genannten Kosten für die Erschließung allein zu tragen hat und nicht Center Parcs. Dies betrifft insbesondere die Kosten für:

  • die Zufahrtsstraße, die Ringstraße auf Pütnitz und die Umgehungsstraße Damgarten (Punkt III 5.),
  • die Versorgungsanschlüsse für Wasser, Abwasser, Strom, Wärme, Telekommunikation und Hochgeschwindigkeits-Internet bis zum Grundstück von Center Parcs zu legen (Punkt III 7.),
  • die Kosten des Bebauungsplanverfahrens einschließlich erforderlicher Fachgutachten (Punkt IV 2.)
  • die Kosten für umweltbezogene Kompensationsmaßnahmen (IV 3.),
  • die Errichtung und das Betreiben eines Hafens (III 2.)

Schließlich wird in Punkt III 8. Center Parcs ausdrücklich von allen Folgelasten befreit, die aus der Bereitstellung der notwendigen Infrastruktur für Pütnitz ergeben.

Mit dieser Regelung hat sich Ribnitz-Damgarten verpflichtet, trotz eines minimalen Kaufpreises, für alle Kosten und Folgekosten der Erschließung von Pütnitz aufzukommen. Eine konkrete Bezifferung dieser Kosten ist aktuell nicht möglich. Das Schadenspotenzial ist ein hoher Millionen-Betrag.

Die Stadt argumentiert an dieser Stelle, dass diese Maßnahmen vom Land durch Förderbescheide finanziert werden.  Es ist aktuell völlig unklar, welche Maßnahmen für die Erschließung und den Betrieb für Pütnitz notwendig sind. Ribnitz-Damgarten hat lediglich einen Förderbescheid des Landes für – im Wesentlichen – die Erschließung, Sanierung und Kampfmittelbeseitigung von Pütnitz erhalten.

In der zugrundeliegenden Kostenkalkulation (vgl. Anlage zur Absichtserklärung) fehlt beispielsweise die Baustraße, so dass deren Kosten allein durch Ribnitz-Damgarten zu finanzieren ist. Darüberhinaus ist die Grobkostenschätzung für die Maßnahmen des Förderbescheids aus dem Jahr 2018. Es ist allgemein bekannt, dass sich seit 2018 die Baupreise stark erhöht haben. Auftretende Mehrkosten für diese geförderten Leistungen sind von Ribnitz-Damgarten zu bezahlen.

Die Verpflichtung zum Bau und Betrieb eines Hafens ist geschehen, obwohl es zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Absichtserklärung keinen Fördermittelbescheid gegeben hat.  Reichen die Mittel des avisierten Förderbescheids nicht für den Hafenbau aus, hat Ribnitz-Damgarten die Mehrkosten zu tragen.

Weitere dramatische Auswirkungen könnte der Verzicht der Stadt auf die Kostenbeteiligung von Center Parcs bzgl. der Folgekosten zur Erschließung von Pütnitz haben (III 8). So besteht die Gefahr, dass das Klärwerk in Körkwitz die erheblichen Abwassermengen aus dem Center Parc nicht mehr aufnehmen kann. Dann müsste ein neues Klärwerk gebaut werden. Die Finanzierung des neuen Klärwerks würde dann nicht etwa durch Center Parcs geschehen, der Verursacher des neuen Klärwerks ist, sondern durch alle Bürger und Gewerbetreibenden mittels Umlage auf die Wassergebühren. Allein das ist schon ein Skandal. Grotesk ist jedoch, dass aufgrund des Verzichts in der Absichtserklärung Center Parcs der einzige Kunde des Wasserversorgers „Boddenland“ wäre, der die Umlage ggf. nicht bezahlen müßte.  

Es ist sicherlich einmalig in Deutschland, dass eine Kommune ein wertvolles Grundstück nahezu verschenkt und dann auch noch die gesamten Kosten für die Erschließung des Grundstücks, die Folgekosten für die Grundstückserschließung und das gesamte Risiko von Kostensteigerungen übernimmt.

5. Keine Absichtserklärung sondern rechtlich verbindlicher Vertrag

Der Bürgermeister hat wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass die Stadt bisher keine rechtlichen Pflichten gegenüber Center Parcs eingegangen hat und bei der Vereinbarung lediglich um ein unverbindliches Memorandum of Understanding / Absichtserklärung handelt. Dies ist zweifelhaft. Die verbindliche deutsche Version des Dokuments formuliert überwiegend Verbindlichkeiten, die teilweise lediglich unter Bedingungen stehen. Eindeutig werden unter V 3. die Pflichten von Ribnitz-Damgarten als Verbindlichkeiten (gleiche Bedeutung des Wortes „obligations“ in der englischen Fassung) festgelegt. Damit handelt es sich in diesem Dokument aber nicht um eine unverbindliche Absichtserklärung sondern um einen Vertrag mit rechtlichen Verbindlichkeiten der Stadt Ribnitz-Damgarten. Dieses sog. Memorandum of Understanding kann vielmehr als ein rechtlich verbindlicher städtebaulicher Vertrag gemäß § 11 BauGB eingeordnet werden. 

6. Unsere Forderungen

Vor dem Hintergrund der gemachten Ausführungen möchten wir nochmals die Stadtvertreter auffordern:

  • den Vertrag mit Center Parcs sofort zu beenden, um weiteren Schaden von der Stadt abzuwenden,
  • dem Bürgermeister den Verkauf des Grundstücks an Center Parcs zu untersagen.


Die Bürgerinitiative ist schockiert über den Abschluss des sog. Memorandum of Understanding. Es gibt erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass mit dem Eingehen rechtlicher Pflichten im sog. Memorandums of Understanding:

  • der Bürgermeister und der Leiter des Bauamtes ihre eingeräumten Kompetenzen überschritten haben und 
  • durch die eingegangenen rechtlichen Verpflichtungen der Stadt Ribnitz-Damgarten ein Vermögensnachteil entstanden ist.

Folgerichtig werden wir gegen beide Personen eine Strafanzeige wegen Untreue gemäß 
§ 266 StGB stellen.

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