Stadt und Landesregierung schenken Center Parcs 100 Mio EUR: Untersuchungsausschuss und Prüfung durch Landesrechnungshof gefordert

Center Parcs erzielt Gewinn von 115 Mio EUR durch Grundstückskauf aber Bürgerinnen und Bürger bezahlen die damit einhergehenden Kosten von 50 – 70 Mio EUR. Center Parcs erhält weitere finanzielle Vorteile von Stadt und Landesregierung, z.B. Bau eines Hafens. Landesregierung macht bei Center Parcs Ausnahme von Grundsatz des neuen Koalitionsvertrages, keine touristischen Großprojekte mehr zu fördern. Bürgerinitiative fordert Stopp der Verschwendung öffentlicher Mittel zugunsten Center Parcs, Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Landtag und Prüfung durch Landesrechnungshof. 

Die Veröffentlichung des sog. Memorandum of Understanding durch die Bürgerinitiative und die hektischen Reaktionen hierauf seitens der Stadt Ribnitz-Damgarten und Center Parcs enthüllen eine Verschwendung von Steuergeldern und öffentlichen Mitteln, die das Potential haben, das Vertrauen in die demokratischen Strukturen und in die Kommunal- und Landespolitik M-V nachhaltig und massiv zu schädigen.

  1. Center Parcs macht Gewinn von 115 Mio EUR durch Grundstückskauf aber Steuerzahler trägt die damit einhergehenden Kosten von 50 – 70 Mio EUR

Die Fakten sind:

  • Die Stadt Ribnitz Damgarten verkauft an Center Parcs 107 ha auf der Halbinsel Pütnitz in bester Ostseenaher Lage für einen niedrigen 8stelligen Betrag (Schätzung 15 Mio EUR). Dies entspricht einem Preis von 14 EUR / m2.
  • Die Stadt hat sich verpflichtet, diese Fläche bis 2024 in Bauland umzuwandeln. Der Preis für das Bauland beträgt aktuell mindestens 120 EUR /m2. Demnach wird die Fläche dann einen Wert von mindestens 130 Mio EUR.

Damit kauft Center Parcs ein Grundstück in 2022 für den Preis von 15 Mio, das mit Sicherheit in 2024 einen Wert von mind. 130 Mio EUR hat. Der Gewinn für Center Parcs beträgt mind. 115 Mio EUR. 

  • Damit die Flächen auf Pütnitz als Bauland ausgewiesen werden können, muss das Gelände von Kampfmitteln, Schadstoffen und Altanlagen geräumt, saniert und abgebrochen werden. Außerdem ist das Gelände zu erschließen, d.h. es müssen Straßen gebaut, Versorgungsleitungen gelegt werden, eine Vielzahl von Planungen, Gutachten und naturschutzrechtliche Kompensationen erfolgen. Das alles ist teuer. 
  • Für einen Teil der Leistungen gibt es einen Kostenvoranschlag aus dem Jahr 2018, der die Kosten auf 43,2 Mio EUR schätzt. Es ist jedoch allgemein bekannt, dass sich die Kosten im Baugewerbe in den letzten Jahren massiv erhöht haben. (für den Hochbau in MV zwischen Feb. und September 2021 allein um 35,8%). 

Die Kosten für eine Umwandlung der Flächen auf Pütnitz in Bauland betragen etwa 50 – 70 Mio EUR.

Es ist offensichtlich ungerecht und unsozial, wenn Center Parcs durch die Umwandlung seines Grundstücks in Bauland einen Gewinn von 115 Mio EUR erzielt und die notwendigen Kosten für die Umwandlung in Bauland von etwa 50 – 70 Mio EUR der Steuerzahler trägt. Deshalb ist es Grundgedanke des deutschen Bauplanungsrechts (§ 1 Abs.5 und § 11 BauGB) und des kommunalen Haushaltsrecht (§ 56 Abs.4 S.2 KV M-V), dass in solchen Fällen Center Parcs die Kosten für die Umwandlung in Bauland trägt.

Das sog. Memorandum of Understanding, sieht aber genau das Gegenteil vor. Demnach trägt die Stadt Ribnitz Damgarten mit Unterstützung von Förderungen der Landesregierung M-V alle mit der Erschließung zusammenhängenden Kosten und Center Parcs wird von diesen Kosten komplett befreit.  

Dies ist ein einmaliger Vorgang der Verschleuderung öffentlicher Gelder und der Übervorteilung eines Investors.

2. Weitere Übervorteilung von Center Parcs durch Stadt und Land MV

Damit aber nicht genug. Es gibt weitere Übervorteilungen von Center Parcs, für die es keinen sachlichen Grund gibt:

  • Im sog. Memorandum of Understanding verpflichtet sich die Stadt Ribnitz-Damgarten gegenüber Center Parcs einen Hafen auf Pütnitz zu bauen. Center Parcs lässt sich bereits vertraglich zusichern, neben dem Hafen 100 Ferien- und Hotel Apartments zu errichten, die einen Blick über und einen direkten Zugang zur Marina haben (Punkt III 2.) Diese Vorteile enthalten keinerlei Gegenleistung durch Center Parcs. Vielmehr sind es allein öffentliche Mittel, mit denen der Hafen gebaut wird. Eine Beteiligung von Center Parcs ist ausgeschlossen. Der Landesminister stellt jedoch in Aussicht, dass sich das Land mit 20 Mio EUR an den Kosten beteiligen wird, vgl. Anl. 7.2. des Memorandum of Understanding. Die restliche Summe ist von der Stadt Ribnitz-Damgarten zu tragen.
  • Der neue Koalitionsvertrag der Regierungsparteien des Landes M-V vom 13.11.2021 beinhaltet, touristische Großprojekte zukünftig nicht mehr vom Land zu fördern. Dies betrifft z.B. das geplante Touristenzentrum in Dranske auf Rügen. Zugleich wurde allerdings von den Koalitionspartnern betont, dass für Center Parcs auf Pütnitz eine Ausnahme gemacht werden soll ohne Angabe eines sachlichen Grundes.

Mit dem Verzicht auf die Abwälzung der Kosten für die Erschließung, der Finanzierung eines Hafens und weiterer in Aussicht gestellter Subventionen für Center Parcs übernehmen Ribnitz-Damgarten und das Land M-V Kosten von rd. 100 Mio EUR, die nach dem Leitgedanken des deutschen Bauplanungsrechts Center Parcs zu übernehmen hätte.

3. Alternatives sachgerechtes Vorgehen von Stadt und Land M-V

Würde die Stadt und die Landesregierung im Sinne der Interessen ihrer Bürgerinnen und Bürger agieren, so hätten sie entweder:

  • bei einem Verkauf – vor Umwandlung der Flächen in Bauland – einen Verkaufpreis verlangen müssen, der dem aktuellen Wert für Bauland (etwa 130 Mio EUR) abzüglich der Aufwendungen für die Erschließung entspricht (etwa 50 – 70 Mio EUR). Damit hätte der Kaufpreis nicht bei etwa 15 Mio EUR sondern bei mind. 60 – 80 Mio EUR liegen müssen. 
  • Oder die Stadt Ribnitz-Damgarten hätte die Flächen erst nach Umwandlung in Bauland an einen Investor verkauft. Dann wären zunächst Aufwendungen von 50 – 70 Mio EUR aufgelaufen aber ein Verkaufswert von etwa 130 Mio erzielt worden. 

4. Skandalöses und unsoziales Handeln von Ribnitz-Damgarten und Landesregierung

Dieses Verschleudern öffentlicher Gelder von etwa 100 Mio EUR zugunsten eines internationalen Großkonzerns wie Center Parcs ist vor dem Hintergrund der finanziellen Situation des Landes M-V und der Stadt Ribnitz-Damgarten nicht nur ein Skandal in rechtlicher und fiskalischer Hinsicht, sondern im höchsten Maße unsozial und menschlich unanständig.

Die Menschen in M-V haben die geringsten Einkünfte im Vergleich zu allen anderen Bundesländern. Der aktuelle Preisschock für Gas, Strom und Benzin führt viele Menschen noch mehr in finanzielle Nöte. Wäre es dann nicht besser, diese finanziellen Mittel zur Abfederung dieser zusätzlichen Belastungen der Menschen einzusetzen, statt es einem Großkonzern zu schenken?

Die Stadt Ribnitz-Damgarten steht nach eigenen Aussagen vor einer sehr schwierigen Haushaltslage. Der aktuelle Entwurf des Haushaltsplanes vom 13.1.2022 sieht deshalb etwa vor 

  • Warteliste für Straßenbauarbeiten / Unterführungen, die zwar dringend notwendig aber nicht finanziert werden können (insgesamt 11 Straßen / Unterführungen), 
  • Erhöhung der Hebesätze für die Gewerbesteuer,
  • Erhöhung der Hebesätze für die Grundsteuer B.

Darüber hinaus wird schon seit Jahren die Bitte an die Stadtverwaltung gerichtet, die Zubereitung und Verteilung eines Mittagessens für die Rentner der Stadt zu bezuschussen, was aus finanziellen Gründen abgelehnt wird. 

Dringender Handlungsbedarf besteht weiterhin im Aufbau einer Infrastruktur für Jugendliche, um diese wichtigste Zielgruppe für die Zukunft der Stadt zu binden. Es gibt jedoch nicht einmal einen einzigen städtischen Jugendklub in Ribnitz-Damgarten. Für eine Stadt mit 16.000 Einwohnern ist dies ein Armutszeugnis. 

5. Unsere Forderungen

Vor den Hintergrund der gemachten Ausführungen fordern wir:

  • Rücknahme der bisherigen Fördermittel-Zusagen durch das Land M-V und keine neuen Fördermittelzusagen durch das Land M-V für das massentouristische Projekt auf Pütnitz,
  • Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Landtag M-V entsprechend Art.34 Verfassung M-V zur Vergabe von Förderungen für das massentouristische Projekt auf Pütnitz, insbesondere zum Vorteil von Center Parcs,
  • Prüfung des Landesrechnungshofs der Verwendung öffentlicher Mittel durch das Land und die Stadt Ribnitz-Damgarten im Kontext der geplant massentouristischen Entwicklung von Pütnitz sowie der finanziellen Risiken für die Stadt Ribnitz-Damgarten aus dem Abschluss des sog. Memorandum of Understanding.

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