Bürgerinitiative hat Auswirkungsanalyse zum Massentourismus auf Pütnitz erhalten. Studie ist Beleidigung für jeden selbständig denkenden Menschen.

Die Studie ist konzeptionell unbrauchbar und inhaltlich grob fehlerhaft. Center Parcs und die Stadt haben bereits weiteren Ausbau des Center Parcs geplant: statt 500 Häuser mit 500.000 Touristen geht es um 1.000 Häuser mit 1.300.000 Touristen. Im ausgebauten Zustand werden in Pütnitz genauso viele Touristen übernachten wie in allen Touristenorten von Fischland-Darß-Zingst zusammen. Wichtige Auswirkungen werden nicht einmal erwähnt, z.B. Umwelt und Infrastruktur. Finanzielle Auswirkungen für Ribnitz-Damgarten sind falsch: statt +/- Null sind die Pläne für Pütnitz ein Millionengrab. Annahmen für Verkehrsbelastung sind offensichtlich falsch: nur 40% der Touristen wollen zum Ostsee-Strand. Studie sieht Vorteile der benachbarten Touristenorte durch Massentourismus auf Pütnitz: kein benachbarter Touristenort unterstützt aber die Pläne. Studie fordert das Ende des Technikmuseums wie wir es kennen.  

Am Mittwoch, den 26. Januar 2022 werden die Stadtvertreter von Ribnitz-Damgarten in einer außerordentlichen Sitzung eine vom Bürgermeister beauftragte Studie der Firma ProFund Consult präsentiert bekommen. Es geht hierbei um eine Analyse der Auswirkungen des geplanten Massentourismus auf Pütnitz. 

Unsere Bürgerinitiative hat den Bürgermeister seit Monaten zur Herausgabe der Analyse aufgefordert, wozu sich der der Bürgermeister rechtswidrig seit Monaten weigert. Nunmehr haben wir von einer anonymen Quelle die Studie zugespielt bekommen. 

Die Studie ist konzeptionell unbrauchbar und inhaltlich grob fehlerhaft. Statt der erwarteten vollständigen Zusammenstellung der wichtigsten Auswirkungen der massentouristischen Pläne auf Pütnitz, enthält die Studie einen kleinen Ausschnitt von Themen, deren verzerrte Darstellung eine positive oder zumindest nicht negative Wirkung entfalten soll. Um trotz der konzeptionellen Mängel seriös zu werden, werden die behandelten Themen detailreich und über viele Seiten hinweg geschildert, ohne relevante Aussagen zu treffen.

Die wesentlichen Elemente der Studie werden nachfolgend beleuchtet. Darüberhinaus gibt es noch weitere Elemente der Studie, die ebenfalls sachlich falsch und verzerrt dargestellt sind, auf die jedoch aus Zeitgründen nachfolgend nicht eingegangen wird.

  1. Es geht nicht um 3.200 sondern um 6.400 Betten

Es ist bereits jetzt absehbar, dass die vorgestellten massentouristischen Pläne von Center Parcs nur der erste Schritt sind und dass der geplante Center Parc auf Pütnitz später massiv erweitert wird. Deshalb spricht die Studie auch selbst davon, dass ihr Gegenstand lediglich die 1. Ausbaustufe der touristischen Pläne auf Pütnitz ist. In der sog. Absichtserklärung zwischen Center Parcs und der Stadt Ribnitz-Damgarten ist die massive Vergrößerung des Center Parcs über die 3.200 Betten hinaus fester Bestandteil, vgl. Punkte I 1, II 4, IV 1 und der Vereinbarung. Die Feriendörfer von Center Parcs haben aktuell eine Größe zwischen 750 – 1.000 Ferienhäuser. In Pütnitz sind in der 1. Ausbaustufe 500 Häuser geplant.  Der Grund, sich zunächst auf 3.200 Betten zu beschränken ist allein die Vorgabe aus dem 2016 abgeschlossenen Raumordnungsverfahren. Wenn aber die 3.200 Betten gebaut sind, wird man in einer Salami-Taktik Stück für Stück das Touristendorf erweitern und damit die Schranke der 3.200 Betten aus dem Raumordnungsverfahren umgehen. 

Je größer der Ferienpark desto profitabler ist das Investment für Center Parcs. Die zuletzt in Betrieb genommenen Center Parcs haben immer größere Dimensionen erreicht und umfassen 1.000 Häuser, z.B. Leutkirch. 

Die Voraussetzungen für einen massiven Ausbau des geplanten Center Parcs auf Pütnitz sind gegeben. Es stehen auf der Halbinsel weitere 400 Hektar Fläche zur Verfügung und die Stadt sowie das Land M-V verhalten sich unterwürfig gegenüber Center Parcs.   

Die Studie unterstützt diese Unehrlichkeit und Täuschung durch Center Parcs und der Stadt und geht von 3.200 Betten aus statt von der eigentlich angestrebten deutlich größeren Dimension. Damit ist das Fundament dieser Studie und die daraus abgeleiteten Ergebnisse falsch.

Es ist ein beliebter Trick in dieser Situation eine neue Studie zuzusagen, die dann erstellt wird, wenn bereits 3.200 Betten gebaut sind. Aber genau das macht die Salami-Taktik aus. Es werden zunächst 3.200 Betten betrachtet und später dann noch einmal die kleineren Ausbauschritte für sich. Damit werden die eigentlichen Auswirkungen viel geringer dargestellt als der bereits jetzt angestrebte Bau von 1.000 Häusern mit 6.400 Betten.

2. Auswirkungsanalyse: Wichtige Themen werden nicht betrachtet

Die Studie ist unbrauchbar, weil zentrale Auswirkungen der massentouristischen Pläne überhaupt nicht betrachtet werden und ganz einfach fehlen. So gibt es keine Aussagen zu:

  • Auswirkungen auf die Umwelt und Natur,
  • Auswirkungen auf die Infrastruktur (Straßen, Verkehr, Verfügbarkeit der Kapazitäten für Frischwasser und Abwasser),
  • Auswirkungen auf die Nachbargemeinden.

3. Finanziellen Auswirkungen: nicht +/- Null, sondern ein Millionengrab für Ribnitz-Damgarten

Die Bürgerinitiative hat bereits enthüllt, dass es durch den Vertrag zwischen Center Parcs und der Stadt Ribnitz-Damgarten, zu einer Verschleuderung von kommunalem Eigentum kommt und finanzielle Risiken entstehen, die für Ribnitz-Damgarten existenzbedrohend sind. Durch die geplante Verschleuderung des Grundstücks und die Übernahme aller Erschließungs-, Sanierungs- und Folgekosten tritt ein Verlust von mind. 100 Mio EUR für die Stadt ein.

In der sog. Kosten / Erlös Betrachtung für die Kommune (S. 41 – 53) kommt dieses finanziell alles dominierende Grundstücksgeschäft einschließlich der damit einhergehenden finanziellen Risiken für Ribnitz-Damgarten überhaupt nicht vor. 

Stattdessen wird sich seitenweise mit Kleinstbeträgen beschäftigt, um schließlich festzustellen, dass die Entwicklung von Pütnitz für die Stadt finanziell ein +/- Null Geschäft ist (S.53). Selbst diese Rechnung ist wiederum fehlerhaft, weil beispielsweise der gesetzlich notwendige Eigenanteil der Gemeinde an den Kurabgaben für die eigenen Einwohner und Personen, für die auf die Kurabgabe verzichtet wird (Kinder der Touristen), als Aufwandsposten in der Studie nicht aufgeführt wird.

Es ist unglaublich, dass die Stadt Ribnitz-Damgarten die aktuell wertvollste verfügbare Immobilie an der deutschen Ostseeküste mit einer Größe von über 200 ha an Investoren verteilt und es nicht schafft, daraus für die eigenen Finanzen einen finanziellen Vorteil zu ziehen.

4. Umsatzeffekte: Alles für Center Parcs, kaum etwas für die reg. Gewerbetreibende 

Es bleibt das Geheimnis der ProFund Consulting GmbH, warum es fast 10 Seiten der Studie den Umsatzeffekten widmet. Eine Erhöhung des Umsatzes bedeutet nicht einen höheren Gewinn für Gewerbetreibende. Ein höherer Umsatz kann sogar negative Folgen haben, wenn die damit einhergehenden Kosten noch stärker steigen und ein Verlust eintritt.

Interessant sind die Ausführungen insoweit, dass hier nochmals festgestellt wird, dass von den avisierten rd. 60 Mio Netto-Umsatz lediglich 30% (rd. 18 Mio EUR) außerhalb des Touristenzentrums generiert werden. Schwerpunkte hierbei sind Supermärkte und Tankstellen, so dass erneut klar wird, dass die regionalen Gewerbebetriebe und die einheimische Bevölkerung keinen nennenswerten Vorteil vom Touristenzentrum hat.

5. Touristen auf Pütnitz: nicht 500.000 sondern 1.300.000 pro Jahr

Die Bürgerinitiative hat bereits mehrfach ausführlich dargestellt, dass im Ergebnis der 1. Ausbaustufe insgesamt mit rd. 800.000 Touristen pro Jahr auf Pütnitz gerechnet werden muss. Diese Summe setzt sich zusammen aus:

  • 250.000 Übernachtungsgäste (80% durchschnittliche Auslastung der 3.500 Betten (3.200 Center Parcs + 300 Supreme) bei einer Verweildauer von durchschnittlich 4 Tagen),
  • 250.000 Tagestouristen Center Parcs / Hafen / Restaurants (1:1 Verhältnis zu Tages- zu Übernachtungsgästen; in den Ostseebädern zum Teil mehr Tages- als Übernachtungsgäste),
  • 200.000 Tagestouristen Supreme (offizielle Information deren Geschäftsführung) 
  • 100.000 Besucher Technikverein und Reiterhof.

Die Besucherzahlen werden in der von der Stadt beauftragten Studie bewusst nach unten korrigiert, um den Eindruck zu vermitteln, dass weder die Anzahl von Touristen noch die Verkehrsbelastung ein großes Problem sei. Insgesamt kommt die Studie auf etwa 500.000 Touristen (Übernachtungs- und Tagestouristen) p.a. (S.30f).

Die im Vertrag zwischen Center Parcs und Ribnitz-Damgarten bereits in Aussicht gestellte Erweiterung des Center Parcs (wahrscheinlich auf dann 1.000 Häuser) bedeutet eine Zunahme der Touristenanzahl auf Pütnitz um insgesamt etwa 500.000 (je 250.000 zusätzliche Übernachtungs- und Tagestouristen), so dass nach dem vollständigen Ausbau des Massentourismus auf Pütnitz mit insgesamt 1,3 Mio Touristen p.a. gerechnet werden kann.

Zur Einordnung: aus der offiziellen Statistik im beiliegenden Link können Sie entnehmen, dass alle Orte von Fischland-Darß-Zingst im Jahr 2020 insgesamt 480.000 Übernachtungsgäste hatten. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/532928/umfrage/ankuenfte-und-uebernachtungen-auf-fischland-darss-zingst-nach-besucherherkunft/

Damit ist davon auszugehen, dass im ausgebauten Zustand auf Pütnitz genauso viele Touristen übernachten werden wie in allen Ostseebädern vom Fischland-Darß-Zingst zusammen. 

6. Basis für Ausflugsverhalten und verkehrliche Belastung: nur 40% der Touristen wollen die Ostsee sehen

Viel Wert legt die Auswirkungsanalyse darauf zu erklären, warum die verkehrliche Belastung durch Ausflügler vom Center Parc gering ist. Hierbei wird auf eine Untersuchung des Center Parcs Bostalsee verwiesen, bei dem nur 40% aller Touristen den Touristenpark verlassen. Die Studie übernimmt diesen Wert auch für den geplanten Ferienpark auf Pütnitz (S.57)

Damit verliert diese Studie endgültig ihre Glaubwürdigkeit. Der Bostalsee liegt im Niemandsland zwischen dem Saarland und Rheinland-Pfalz ohne eine nennenswerte Attraktion im Umkreis von 20 Km. Und Pütnitz? Kennen Sie irgendjemanden, der in Ribnitz und Umgebung Urlaub macht und nicht einmal an den Ostseestrand fährt? Selbst Center Parcs vermarktet den neuen Ferienpark als besonders attraktiv wegen seiner Lage an der Ostsee. Jeder, der auf Pütnitz Urlaub macht, wird an den Ostseestrand fahren. Bei einem durchschnittlichen Aufenthalt von 4 Tagen wird dies durchschnittlich mind. zweimal und im Sommer täglich geschehen. Insofern ist die Basis zur Berechnung der verkehrlichen Belastung falsch und die Ergebnisse ebenfalls.  

7. Die benachbarten Gemeinden profitieren: Warum protestieren sie dann gegen Center Parcs?

Die sog. Auswirkungsanalyse stellt nach einigen belanglosen Sätzen auf S. 64f fest, dass durch den Massentourismus auf Pütnitz die Tourismusorte vom Fischland-Darß-Zingst und der Boddenküste profitieren werden, weil sie attraktiver würden.

Mit dieser Meinung stehen die Verfasser der Studie allein. Ganz im Gegenteil: es gibt keinen Tourismusort in der näheren Umgebung und schon gar nicht auf Fischland-Darß-Zingst, der die massentouristischen Pläne unterstützt. Vielmehr werden diese Pläne konsequent abgelehnt, weil bereits jetzt der Tourismus in unserer Region das verträgliche Niveau überschritten hat. Die ausdrückliche Ablehnung der massentouristischen Pläne auf Pütnitz durch einige benachbarte Touristenorte geschah bereits anlässlich des Raumordnungsverfahrens in 2016 und der letzten Änderung des Flächennutzungsplanes von Pütnitz in 2020.

8. Das Ende des Technikmuseums

Der vielleicht interessanteste Aspekt der Studie ist die zukünftige Entwicklung für das Technikmuseum. Hierzu führt die Studie auf S. 23 aus, dass sich das Technikmuseum den Bedürfnissen der Zielgruppe von Center Parcs (Familien mit Kleinkindern) anpassen soll. Dies ist für ein Technikmuseum mit militärischem Schwerpunkt und der Ausrichtung auf militärhistorisch interessierte Erwachsene unmöglich. Insofern wird immer klarer, dass in den Zukunftsplanungen der Stadt und Center Parcs das Technikmuseum keine Rolle spielt und mittelfristig verdrängt werden soll.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Dencker Detlef

    Das finde ich traurig. Unsere Region wurde immer als sanfter Tourismus angepriesen und jetzt soll so etwas entstehen ???

  2. Hartmuth Lorenz

    Als Schlagzeuger und Gitarrist habe ich in den 80-er Jahren im Ostseetrio mit Gottfried Handsche das ganze Fischland-Darßgebiet bespielt. Eine der schönsten Regionen Deutschlands! Nach der Wende haben wir alle zwei Jahre dann dort Urlaub gemacht, weil es hier noch Orte gab, die dem Massentourismus noch nicht verfallen waren. Z.B. in Wustrow begann leider mit der Verschandelung des Ortes (Seefahrtschule-Architektur???) der Umkehrprozess, Verdichtung durch Hotels, FW-Überhang usw., so dass z.B. in Dierhagen-Strand in diesem Jahr unser Vermieter die Übernachtungskosten derart erhöht hat (angepasst), dass wir für 2023 den Vertrag nicht mehr unterzeichnen konnten. Unabhängig von der aktuellen Preisentwicklung! Jetzt bleibt uns nur noch ein Quartier auf Hiddensee. Erhöhen die auch noch, war´s das mit der geliebten Ostsee. Alle anderen Badeorte kommen wegen der Überfüllung für uns nicht mehr infrage! Herzlichen Dank an alle Bau- und Planungsverantwortlichen, die unsere Ostseeküste verschandelt haben!!!

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